„Ich bin jetzt Veganer“

Fünf Tipps für deine neue Lebenseinstellung

Veganismus – ein Begriff, den die Gesellschaft mit Verzicht und Herausforderungen in Verbindung bringt. Doch mit diesen fünf Tipps gilt dies nicht für dich …

Ob aus Tierliebe oder aus Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft: In Deutschland ernähren sich 1,3 Millionen Menschen vegan – und es werden täglich mehr. Unsere Autorin Michelle Steinmetz hat mit der weltweit bekanntesten Tierschutzorganisation PETA ein Interview zum Thema Veganismus geführt und fünf Tipps mitgebracht, die die ersten Schritte in den Veganismus erleichtern sollen. 

Sei dir deines persönlichen „Warum?“ bewusst

Veganer zu sein, ist oft leichter gesagt als getan, denn man steht täglich vor neuen Herausforderungen. „Auch wenn es anfangs viele Informationen und vielleicht auch Schwierigkeiten gibt, sollte man sich immer wieder seiner persönlichen Gründe bewusst sein“, sagt Lisa Kainz. Sie gehört als Fachreferentin und Agrarwissenschaftlerin zum deutschen Mitgliederteam von PETA. Sie weiß: Die Menschen entscheiden sich hauptsächlich aus ethischen Aspekten gegen tierische Produkte. „Viele Menschen kommen zu der Erkenntnis, dass Tiere genauso fühlen wie wir Menschen und auch ein unversehrtes Leben führen wollen“, so Lisa Kainz.

Doch auch der gesundheitliche Aspekt der veganen Ernährung ist ein Grund für den Veganismus, da viele tierische Produkte mit schädlichen Auswirkungen wie Antibiotikaresistenzen in Verbindung stehen. Für die Agrarwissenschaftlerin ist auch die Umwelt ein wichtiger Faktor für solch eine Umstellung: „Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass tierische Produkte für viele negative Umweltfaktoren wie den Klimawandel, Waldabholzung oder die Wasserverschmutzung mit verantwortlich sind. Die rein pflanzliche Ernährung ist in dieser Hinsicht einfach umweltschonender und ist daher bevorzugt bei jungen Menschen beliebt.“

Schlussendlich können die Gründe für den Veganismus vielseitig sein, doch laut Kainz sollte jeder anfängliche Veganer sich seiner Gründe bewusst sein: „Anfangs kann die Fülle an Informationen sehr entmutigend wirken, doch in diesen Momenten sollte man sich bewusst machen, dass man es für die Tiere und auch sich selbst macht. Dann ist es kein Verzicht, sondern eine Bereicherung.“

Stehe zu deiner Entscheidung

Du bist dir nun deiner Gründe für den Veganismus bewusst – doch wie steht dein Umfeld zu deiner Entscheidung? Besonders junge Menschen, die noch bei ihren Eltern wohnen, stehen schnell vor dem Problem, ihr Umfeld in ihre Entscheidung einzuweihen. Laut Lisa Kainz ist es in solch einer Situation wichtig, seine Mitmenschen „an die Hand“ zu nehmen: „Oft liegen die größten Sorgen der Familie bei den gesundheitlichen Aspekten des Veganismus, da sie immer das Beste für ihr Kind wollen.”

Man müsse ihnen mit zuverlässigen Informationen zeigen, dass eine vegane Ernährung für jede Lebenslage gesund ist. Du solltest nicht sofort mit vollstem Verständnis rechnen, sondern versuchen, deine Familie in kleinen Schritten an den Veganismus zu gewöhnen. Gleiches gilt auch für deinen Freundeskreis, der sich schnell mit deinen neuen Bedürfnissen überfordert fühlen könnte.

Daher empfiehlt Lisa Kainz: „Mit der Familie oder Freunden bietet es sich an, gemeinsam zu kochen. Es ist für alle Beteiligten eine neue Situation, doch man sollte gemeinsam dem Ganzen eine Chance geben zu reifen. Mache dir bewusst, dass du dich aus persönlichen Gründen für den Veganismus entschieden hast und zu deiner Entscheidung stehst.“

Foto von Nicole Herrero auf Unsplash

Lerne Schritt für Schritt den Veganismus kennen

Viele Veganer lebten zuvor als Vegetarier und haben bereits Erfahrungen mit dem „Verzicht“ auf tierische Produkte gesammelt. Laut Lisa Kainz ist das jedoch nicht notwendig, um nun auf eine vegane Lebensweise umzusteigen: Auch wir als Tierschutzorganisation wissen, dass Veganismus mit sehr vielen Informationen und Herausforderungen verbunden sein kann. Wichtig ist, dass man sich bewusst ist, dass nicht alles sofort funktionieren kann“, so Lisa Kainz. Um den Veganismus in kleinen Schritten kennenzulernen, bietet PETA verschiedene Angebote an, die dich auf deinem Weg unterstützen.

Lisa Kainz empfiehlt hierzu den „Veganstart“, der ihren Nutzern auf ihrer Internetseite zur Verfügung steht: „Unser Veganstart ist ein 30-Tage-Programm, in dem wir unseren Abonnenten täglich eine E-Mail von uns zusenden. Darin enthalten sind Informationen über das vegane Leben, Rezepttipps und Informationen zu verschiedenen Inhaltsstoffen.“ Dieses Angebot bietet PETA kostenlos und unverbindlich für anfängliche Veganer, aber auch Interessierte an. Laut Lisa Kainz ist vor allem eins wichtig: „Man darf sich nicht entmutigen lassen, auch wenn es beim Kochen oder Backen nicht sofort funktionieren mag. Mit ein wenig Geduld und Unterstützung durch uns, aber auch vielen anderen Angeboten, ist das vegane Leben bald genauso selbstverständlich wie zuvor – nur eben ohne Tierleid.“

Tausche dich aus

„Auch wenn wir viele Informationen und Rezepte zur Verfügung stellen, ist es vor allem der Austausch untereinander, der anfänglichen Veganern und Veganerinnen eine große Stütze bietet“, so Lisa Kainz. Hierzu bieten sich soziale Plattformen und deren Gruppen besonders gut an. Laut Lisa Kainz ist vor allem unter jungen Menschen wie Studenten die Frage nach dem Geld ein wichtiges Thema: „Veganismus kann teuer sein, aber das gilt für jede Ernährungsform. Wenn ich als Veganer nur zu hochverarbeiteten Produkten und Bio-Produkten greife, kann der Einkauf unter Umständen sehr teuer sein.“ Daher sollte man bei dem Kauf von veganen Lebensmitteln vor allem auf Grundnahrungsmittel, wie Kartoffeln, Nudeln und Reis zurückgreifen, da sie vielfältige Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung bieten.

 „Je unverarbeiteter Lebensmittel sind, desto günstiger sind sie für den Käufer. Demzufolge ist auch das Kochen am günstigsten, wenn man seine Gerichte selbst zubereitet“, so Lisa Kainz. Über vegane Gruppen können sich anfängliche Veganer optimal mit anderen austauschen und sollten trotzdem Schwierigkeiten auftreten, ist PETA immer für Fragen offen: „Wir helfen sowohl anfänglichen als auch langjährigen Veganern und Veganerinnen gerne weiter und versuchen, sie in allen Lebenslagen zu unterstützen.”

100% vegan?! – Gib Stress keine Chance!

Auch wenn du alle Tipps in Anspruch genommen hast, stellst du dir irgendwann die Frage, ob du überhaupt absolut „tierleidfrei“ leben kannst. Lisa Kainz hat hierzu ein klares Statement: „Nein, 100-prozentig vegan ist unmöglich. Dazu müsste jeder Mensch beispielsweise auf das Autofahren und den Ackerbau für Pflanzen verzichten, denn auch dabei sterben Tiere.“ Ihres Erachtens sollte der Anspruch, vollkommen vegan und tierleidfrei zu leben, nicht das Ziel des Veganismus sein, denn daraus resultiert nur Frust und Entmutigung.

„Ich denke, es wichtig zu sehen, was man selbst für die Tiere und die Umwelt tun kann. Einerseits ist es natürlich die pflanzliche Ernährung, die im Veganismus eine wichtige Rolle spielt. Andererseits sollte man auch bei dem Kauf von Kleidung und anderen Produkten darauf achten, dass sie tierleid- und tierversuchsfrei sind.“ Auch keine Zirkusse und Zoos mehr zu besuchen, trage dazu bei, dass du dein Leben so tierleidfrei wie nur möglich gestaltest. Laut Lisa Kainz sollten wir uns immer die Frage stellen: „Wie kann ich mein Leben nach und nach tierfreundlicher und umweltfreundlicher gestalten?“

Niemand hat immer Glück. Niemand kann immer gewinnen. Niemand ist ein Roboter. Niemand ist perfekt.

Autor*in: