Von: Lisa Götzke, Divya Adhikari und Sanjima Pun Sanjima
Der Klimawandel kennt keine Grenzen, doch seine Darstellung in den Medien variiert stark. In dieser Analyse werfen wir einen Blick auf die Berichterstattung sowohl aus der Sicht eines Betroffenenlandes wie Nepal als auch aus der Perspektive eines Geber- und Verursacherlandes wie Deutschland: Welche Themen stehen im Vordergrund, wer kommt zu Wort?
English Summary: Media coverage of climate change differs significantly between Nepal and Germany, reflection their unique roles in the crisis.
Nepal’s reporting focuses on climate justice and international accountability, highlighting the disproportionate impacts of climate change on a country with minimal emissions. Local challenges like glacier melt, flooding and agricultural threats dominate, while international solidarity and the responsibility of major emitters are recurring themes. The tone is mostly neutral or cautiously urgent, with some emphasis on adaptation strategies. Sources include politicians, scientists, local communities, and activists, offering diverse perspectives.
In Germany, coverage centers on the threats posed by climate change, portraying it as a pressing global and national crisis. Articles often emphasize risks such as extreme weather and long-term warming effects, with limited attention to solutions. Germany’s responsibility as an industrialized nation and key player in climate action is a key topic, alongside calls for political and economic accountability. The tone is predominantly negative, with scientists, activists, and politicians shaping the narrative.
While Nepal‘s media prioritize justice and adaption, Germany‘s coverage focuses on threats and responsibility, reflection their contrasting positions in the global climate crisis.
In Nepal geht es in den Medien vor allem um Klimagerechtigkeit, Anpassung an den Klimawandel und internationale Verantwortung. In Deutschland stehen Bedrohungsszenarien und die Auswirkungen auf die ganze Welt im Mittelpunkt. In dieser Analyse wird untersucht, wie der Klimawandel in den Medien beider Länder behandelt wird und welche Themen und Perspektiven dabei besonders wichtig sind.
Methodik
Studentinnen aus Deutschland und Nepal analysierten zwischen August und Oktober 2024 im Rahmen einer Kursarbeit online verfügbare, textbasierte Artikel aus verschiedenen großen Tageszeitungen beider Länder. Sie wählten gezielt Artikel aus, die den Klimawandel als zentrales Thema behandeln,
und konzentrierten sich dabei auf folgende Aspekte:
- Welche Themen stehen im Vordergrund?
- Liegt der Fokus auf lokalen, internationalen, nationalen (Deutschland) oder globalen Aspekten?
- Wird das Thema positiv, neutral oder negativ dargestellt?
- Wird der Schwerpunkt auf Lösungen, Bedrohungen oder Verantwortlichkeiten und Ursachen gelegt?
- Welche Quellen und Perspektiven kommen zu Wort?
Nepal: Auf Gerechtigkeit setzen und anpassen
In Nepal wurden insgesamt 42 Artikel analysiert. Die Kathmandu Post veröffentlichte insgesamt 15 Artikel, The Himalayan Times 17 Artikel und Die Nepali Times 10 Artikel. Die Berichterstattung in diesen Medien thematisiert vor allem die globalen Ungleichgewichte im Klimawandel. Besonders herausgestellt wird die Forderung nach Klimagerechtigkeit, wobei Nepal als ein Land, das besonders unter den Folgen des Klimawandels leidet, die Verantwortung internationaler Akteure einfordert. In etwa der Hälfte der Artikel liegt der Fokus auf die lokalen Herausforderungen, wie etwa die Gletscherschmelze, Überschwemmungen in städtischen Gebieten und die Bedrohung der Landwirtschaft.
Lokale, nationale und globale Perspektiven
Die Berichterstattung bezieht sowohl lokale als auch nationale und globale Perspektiven ein. Etwa 30 Prozent der Artikel thematisieren die Verantwortung Nepals in der Klimapolitik, insbesondere im Hinblick auf nationale politische Maßnahmen und Klimaverpflichtungen. Nepal wird als ein Land dargestellt, das, obwohl es selbst nur einen kleinen Anteil an den globalen Emissionen hat, erheblich unter den Auswirkungen des Klimawandels leidet. Dies wird als eine Frage der internationalen Gerechtigkeit behandelt, da die großen Emittenten, wie die Industrienationen zu denen unter anderem auch Deutschland und die USA zählen, in der Verantwortung stehen, ihren Teil zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen.
Rund 20 Prozent der Artikel nehmen eine internationale Perspektive ein und diskutieren die Verantwortung großer Emittenten und deren Einfluss auf Länder wie Nepal, die besonders anfällig für Klimafolgen sind. Diese Berichte fordern internationale Solidarität und stärkere Verpflichtungen seitens der großen Wirtschaftsnationen, um die am meisten gefährdeten Länder zu unterstützen.
Tonalität der Berichterstattung: Neutral bis mahnend
Die Tonalität der Berichterstattung variiert, jedoch dominiert eine eher neutrale oder vorsichtig mahnende Haltung. Etwa 60 Prozent der Artikel sind in ihrem Ton zurückhaltend und vermitteln die Dringlichkeit der Situation, ohne jedoch zu panisch oder dramatisch zu wirken. Ein positiverer Ton, der Lösungsansätze und Fortschritte in den Mittelpunkt stellt, ist in etwa 25 Prozent der Artikel zu finden. Hier wird häufig auf Anpassungsstrategien und Initiativen hingewiesen, die bereits ergriffen werden, um den Klimafolgen entgegenzuwirken. Nur 15 Prozent der Artikel greifen einen eher negativen Ton auf und warnen vor den Risiken und Bedrohungen des Klimawandels, die für Nepal eine immer größere Gefahr darstellen.
Fokus auf Verantwortung und Anpassung
Die inhaltlichen Schwerpunkte der Berichterstattung spiegeln die zentralen Themen wider, die auch die gesellschaftlichen und politischen Diskussionen in Nepal prägen. In 40 Prozent der Artikel wird die Verantwortung internationaler und nationaler Akteure thematisiert. Diese Artikel fordern vor allem die Regierungen großer Emittenten zu einer stärkeren Verantwortung im Umgang mit dem Klimawandel auf.
Zudem rücken die Bedrohungen und Herausforderungen des Klimawandels in den Fokus: 35 Prozent der Artikel beschäftigen sich mit den direkten Risiken, die der Klimawandel für Nepal mit sich bringt. Hier geht es vor allem um die Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen der Bevölkerung, etwa in der Landwirtschaft, bei der Wasserversorgung und der Infrastruktur. In etwa 25 Prozent der Artikel wird der Fokus auf Lösungen und Anpassungsstrategien gelegt, die von der Regierung und lokalen Gemeinschaften entwickelt werden, um den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken.
Vielfalt der Quellen
Die Quellen in der nepalesischen Klimaberichterstattung sind vielfältig. In 30 Prozent der Artikel kommen Politiker und Regierungsvertreter zu Wort, die insbesondere nationale und internationale Klimaverpflichtungen thematisieren. Experten und Wissenschaftler liefern in 25 Prozent der Beiträge technische und analytische Einblicke in die klimatischen Veränderungen und die Auswirkungen auf Nepal. Besonders die Perspektiven lokaler Gemeinschaften und Landwirte, die in 20 Prozent der Artikel vertreten sind, geben einen praktischen Einblick in die Herausforderungen und die Anpassung an den Klimawandel. Internationale Gremien und Aktivisten tragen mit 15 Prozent dazu bei, die globale Dimension des Klimawandels zu verdeutlichen, während NGOs und Akademiker in weiteren 10 Prozent der Artikel zusätzliche Perspektiven beisteuern.
Deutschland: Bedrohung und Verantwortung im Vordergrund
Insgesamt wurden 71 Artikel zum Thema Klimawandel aus drei deutschen Publikationen untersucht. Die größte Anzahl an Artikeln stammte dabei von Zeit Online mit 39 Beiträgen. Es folgten Tagesschau.de mit 25 Artikeln und Bild.de mit 7 Artikeln. Diese Artikel decken eine Vielzahl von Themen rund um den Klimawandel ab, darunter Naturkatastrophen, Erderwärmung, Aktivismus, Artenschutz, Nachhaltigkeit, Umweltverschmutzung und die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels.
Geografische Schwerpunkte und Themenvielfalt
Die untersuchten Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab: Von Naturkatastrophen über die Erderwärmung bis hin zu Aktivismus und wirtschaftlichen Auswirkungen. Etwa 36,6 Prozent der Artikel befassen sich mit internationalen Aspekten des Klimawandels. Diese Artikel analysieren globale Entwicklungen und die Rolle großer Emittenten, wobei häufig auf die Verantwortung von Industrieländern hingewiesen wird. Rund 26,8 Prozent der Artikel widmen sich globalen Aspekten, wobei die Auswirkungen des Klimawandels auf andere Länder, insbesondere auf Entwicklungsländer, betont werden.
Etwa 28,2 Prozent der Berichterstattung konzentrieren sich auf den nationalen Kontext, insbesondere auf die Klimapolitik in Deutschland. Hier wird die Rolle der Bundesregierung sowie die Klimaschutzmaßnahmen des Landes thematisiert. Außerdem beleuchten sie auch die Verantwortung Deutschlands als Industrienation in der globalen Klimakrise. Rund 18,3 Prozent der Artikel befassen sich mit lokalen Aspekten und berichten über klimatische Herausforderungen in verschiedenen Regionen Deutschlands.
Die Tonalität der Berichterstattung: Bedrohung im Fokus
Ein auffälliges Merkmal der deutschen Klimaberichterstattung ist der überwiegend negative Ton. Ganze 70,4 Prozent der Artikel schildern den Klimawandel in einem bedrohlichen Licht. Dies reicht von der Darstellung katastrophaler Naturereignisse wie Überschwemmungen und Hitzewellen bis hin zur Warnung vor den langfristigen Folgen einer ungebremsten Erderwärmung. Nur 16,9 Prozent der Artikel setzen auf einen positiveren Ton und betonen Lösungsansätze oder Fortschritte im Klimaschutz. Ein neutraler Ton wird in lediglich 12,7 Prozent der Artikel verwendet.
Der thematische Schwerpunkt liegt klar auf den Bedrohungsszenarien des Klimawandels. 73,2 Prozent der Artikel stellen die Risiken und die Dringlichkeit der Situation in den Vordergrund, während 35,2 Prozent der Artikel Lösungsansätze behandelt. Die Suche nach Verantwortlichkeiten und Ursachen, insbesondere im Hinblick auf politische und wirtschaftliche Akteure, wird in 28,2 Prozent der Beiträge thematisiert. Es wird betont, wie wichtig es ist, die Ursachen des Klimawandels zu adressieren und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Stimmen der Berichterstattung
In den untersuchten Artikeln dominieren Experten als Quellen. Sie kommen in 66,2 Prozent der Artikel zu Wort und liefern technische und wissenschaftliche Einblicke in die Ursachen und Folgen des Klimawandels. Besonders häufig zitierte Stimmen sind Klimaexperten, Meteorologen und Forscher, die die wissenschaftlichen Grundlagen und Prognosen zum Klimawandel erklären.
Aktivisten und Betroffene sind in 38 Prozent der Artikel vertreten und äußern sich zu den Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Lebensrealität. Dies umfasst Berichte von Menschen, die direkt von Naturkatastrophen betroffen sind, oder Aktivisten, die sich für stärkere Klimaschutzmaßnahmen einsetzen.
Politiker nehmen in 32,4 Prozent der Artikel Stellung und diskutieren politische Maßnahmen, Klimaschutzgesetze und internationale Klimaverpflichtungen. Diese Beiträge betonen häufig die Notwendigkeit politischer Verantwortung und die Rolle der Regierungen im Kampf gegen den Klimawandel.
Fazit: Nepal setzt auf Gerechtigkeit, Deutschland auf Bedrohung und Verantwortung
Die Klimaberichterstattung in Nepal und Deutschland weist deutliche Unterschiede auf, die sich in den thematischen Schwerpunkten und der Tonalität der Artikel widerspiegeln.
In Nepal wird der Klimawandel vor allem als globales Ungleichgewicht betrachtet, das Klimagerechtigkeit und verstärkte Anpassung erfordert. Die Berichterstattung betont die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der großen Klimasünder, die für die Klimakrise mitverantwortlich gemacht werden. Lokale Herausforderungen, wie das Abschmelzen der Gletscher und die Auswirkungen auf die Landwirtschaft und das kulturelle Erbe, stehen im Vordergrund.
Deutschland hingegen stellt den Klimawandel vor allem als ernsthafte Bedrohung dar, wobei die Berichterstattung überwiegend einen negativen Unterton hat. Im Vordergrund stehen die Risiken und Bedrohungen des Klimawandels und die Verantwortung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, schnell und entschlossen zu handeln. Aber auch die Suche nach Lösungen und Verantwortlichkeiten sowie die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels sind Teil der Diskussion.
Diese unterschiedlichen Perspektiven verdeutlichen, wie die ökologischen und politischen Rahmenbedingungen in beiden Ländern die Berichterstattung prägen. Während Nepal als besonders betroffenes Land auf Gerechtigkeit und die Forderung nach internationalen Klimamaßnahmen setzt, fokussiert Deutschland stärker auf nationale und globale Bedrohungsszenarien und ordnet die Verantwortung für den Klimawandel stärker in den politischen und wirtschaftlichen Kontext ein.