Ein Ehemann, der mit Zinnsoldaten spielt

von Frank Rommel

Am Tag der Heiligen Peter und Paul trat Katharina, zu dem Zeitpunkt noch Sophie,in Moskau feierlich vom evangelisch-lutherischen zum orthodoxen Glauben über und erlernte beachtlich schnell die russische Sprache. Am 19. Juni 1744 fand die Verlobung von Peter und Prinzessin Sophie statt. Der Name, den Prinzessin Sophie zu ihrer Geburt von ihrem Eltern erhielt, sollte nun nicht länger ihrer sein. Kaiserin Elisabeth erlaubte sich, im Zuge der Hochzeit Sophie in Jekaterina beziehungsweise Katharina umzubenennen.

Rund ein Jahr nach der Verlobung fand die Hochzeit statt

Eine heutige Hochzeit dauert in den meisten Fällen gerade mal einen bis zwei Tage. Die Hochzeitsfeierlichkeiten von Prinzessin Sophie und Thronfolger Peter aber dauerten 10 Tage an. Doch was hatte die damals 15-Jährige sich bloß unter Ehe vorgestellt? Jedenfalls bestimmt nicht das, was daraus wurde … In der ersten Hochzeitsnacht wurde klar, dass der Großfürst Peter wenig Interesse an der jungen intelligenten Dame hatte, die er nun seine Frau nannte. Während sie im Schlafgemach wartete, soll er lieber weitergefeiert haben. Großfürst Peter kehrte sehr spät, betrunken zurück. Sie teilten zwar das Bett miteinander, hatten jedoch nichts füreinander übrig. Auch über Katharina erfährt man in Schriftstücken, dass sie weniger an Peter, mehr jedoch an dem russischen Thron interessiert war. Große Interessenunterschiede prägten die Ehe des Großfürsten und der Großfürstin …
„… er (der Großfürst) war mir, angesichts seiner Veranlagung, ziemlich gleichgültig, nicht aber die russische Krone.“
Katharina lernte reiten, um sich von der Tristheit ihrer Ehe abzulenken. Sie interessierte sich früh für die Vorgänge am Hof und war stets informiert über die dortigen Geschehnisse. Sie musizierte gerne und las viel. Außerdem lag ihr viel daran, über die Politik Bescheid zu wissen. Sie besuchte jeden russisch-orthodoxen Gottesdienst. Ihr infantiler Ehemann hingegen beschäftigte sich im Gegenzug dazu vermehrt mit dem Militär. Auch in seiner Freizeit spielte er mit Spielzeugsoldaten. Er verehrte Preußen und trug häufig eine preußische Uniform. Damit zog er sich den Unwillen seiner Tante, der Kaiserin Elisabeth, zu, welche eine tiefe Abneigung gegen Preußen verspürte. Stets galt die Erwartungshaltung an Katharina und Peter, Nachkommen für den Hof zu zeugen. Jedoch waren die beiden so desinteressiert aneinander, dass sie sich komplett verloren hatten.

Der Sohn, den sie nie wieder sah

1752 gab Katharina sich erstmals einem Mann hin. Dieser war jedoch nicht Peter, sondern Sergej Saltykow, der Gatte einer Hofdame Katharinas. Von ihm bekam Katharina 1754 einen Sohn, der Paul genannt wurde. Weil Peter sich sein Versagen als Ehemann nicht eingestehen wollte, sagte er nie etwas davon, dass Paul nicht sein leiblicher Sohn sei. Kaiserin Elisabeth riss Katharinas Sohn sofort an sich und kümmerte sich Tag und Nacht um diesen. Obwohl Katharina vor Kaiserin Elisabeth mehrfach in Tränen ausgebrochen war, gewährte diese ihr nicht, ihren eigenen Sohn zu sehen. Auch den leiblichen Kindsvater, welcher ihr tiefe Liebe geschworen hatte, verlor sie. Dieser vergnügte sich lieber mit anderen Frauen.

Eine kleine Revolution

Schon in ihrer Jugend ist Katharina begeistert von Literatur und Sprache. Sie lernte viel und ist sehr belesen. In ihrer Ehe mit Peter erlernt sie schnell die russische Sprache und findet ihr Interesse für Märchen und vor allem die Aufklärung. Während ihrer Regierungszeit revolutioniert sie das russische Bildungssystem. Es ist ihr wichtig Bildung zugänglich zu machen. Ab 1764 veranlasst sie die Gründung der ersten Volkshochschulen. Der Zugang war kostenlos und freiwillig. Bis zum Ende ihrer Regierungszeit gibt es in allen russischen Bezirksstätten eine Volkshochschule und in jeder Provinz ein Gymnasium. Davon ausgeschlossen ist lediglich die Provinz Kaukasu.

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