Von Louis Bünker und Paul Denker
aus dem Modul Journalistische Grundlagen 2
Wir setzen unsere kleine Serie über Straßennamen in Wilhelmshaven fort. Heinrich Wilhelm Göker, ein einfacher Hafenbaumeister und Ingenieur, prägte Mitte des 19. Jahrhunderts eine ganze Stadt. Er ist der Namensgeber der Gökerstraße.

Alles muss passen: lange Arbeitstage, harter Körpereinsatz, tropfender Schweiß, ein ständiger Wettlauf mit der Zeit – und überall der metallische Klang von Stahl auf Stahl. Die Dimensionen des Hafens waren für die Mitte des 19. Jahrhunderts außergewöhnlich: Drei Docks, zwei Hellinge und ein Tiefgang von neun Metern – eine gewaltige Herausforderung für Bauleiter Heinrich Wilhelm Göker und sein Team. Wir schreiben das Jahr 1853. Preußen erwirbt ein Landstück vom Herzogtum Oldenburg – mit einem ehrgeizigen Ziel: dem Bau eines Kriegshafens. Nach den Plänen des renommierten Gotthilf Hagen und unter der Leitung von Göker entsteht der erste Kriegshafen des heutigen Deutschlands. Doch es blieb nicht bei Hafenanlagen. Schon bald brachten Handwerker und Hafenarbeiter Leben in das karge Land: Unterkünfte wurden gebaut, Straßen entstanden, und eine Infrastruktur wuchs heran. Eine Stadt formte sich – schnell und unaufhaltsam.
Wilhelmshafen oder Wilhelmshaven?
Diese Frage trieb niemand Geringeren als König Wilhelm I. um, als er die Urkunde für die neue Stadt unterzeichnen sollte. Göker hatte den Namen nach niederdeutscher Tradition mit „v“ geschrieben. Doch in Berlin wurde daraus kurzerhand ein „f“. Als Göker den Fehler bemerkte, wandte er sich direkt an den Kriegsminister Albrecht von Roon. Dieser wiederum intervenierte beim König – mit Erfolg. Der König kommentierte daraufhin nur: „Ich habe es ja gleich so ausgesprochen, lieber Roon.“ So wurde aus „Wilhelmshafen“ schließlich das heutige „Wilhelmshaven“.
Die Gökerstraße
Der Name Heinrich Wilhelm Göker ist aus Wilhelmshaven nicht mehr wegzudenken. Ihm zu Ehren wurde die frühere Dockstraße in die Gökerstraße umbenannt. Aus einem einfachen, ungepflasterten Weg entwickelte sich eine der wichtigsten Hauptverkehrsadern der Stadt. Sie diente nicht nur als Transportweg für Rohstoffe, sondern auch als Arbeitsweg für tausende Werftarbeiter, die hier täglich ein und aus gingen. 1871 wurde die Straße 25 Meter nach Westen verschoben, um Platz für eine Erweiterung der Werft zu schaffen. Doch sie blieb mehr als nur eine Zufahrtsstraße. Bereits vor 1910 wurde die Gökerstraße zu einer wichtigen Geschäftsstraße. Im Laufe der Zeit wurde sie ebenfalls zur Heimat wichtiger Verwaltungsgebäude. Der Vorsitzende des Vereins zum Erhalt Wilhelmshavener Baukultur, Ralph Ehlers, berichtet: „Hier in diesem Bereich waren eher mehr so Verwaltungsgebäude.“ Dazu gehörten unter anderem das alte Rathaus, die kaiserliche Post, die Militäranstalt und das Werftspeisehaus. Heute zeugt nur noch die Militäranstalt von dieser Epoche, denn der Zweite Weltkrieg hinterließ tiefe Spuren in der Stadt. Ein besonderer Höhepunkt ist der Wasserturm, der 1870 an der Gökerstraße erbaut wurde. Seine Errichtung hatte höchste Priorität, denn die rasant wachsende Stadt hatte ein großes Problem: die Trinkwasserversorgung. Ralph Ehlers erklärt: „Das Wasser, was man gefunden hatte, das war irgendwie alles salzig, brackig, teils mit viel Sand.“ Erst in 300 Metern Tiefe, im heutigen Kurpark, wurde eine Quelle mit trinkbarem Wasser entdeckt.

Geschichte bewahren, Kultur fördern
Heute engagiert sich der Verein zum Erhalt Wilhelmshavener Baukultur dafür, historische Gebäude der Stadt mit neuem Leben zu füllen. Der Wasserturm wurde nach einer umfassenden Renovierung 2019 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seither dient er als Veranstaltungsort für Lesungen, Ausstellungen und Vorträge. Der Verein hat damit nicht nur ein Stück Geschichte erhalten, sondern einen Ort geschaffen, der die kulturelle Identität Wilhelmshavens widerspiegelt.

Straßenschilder mit Geschichte
Das Feature hat gezeigt: Straßennamen sind mehr als bedeutungslose Schilder an der Ecke oder Namen auf Busbildschirmen. Hinter ihnen verbirgt sich oft eine spannende Geschichte. Im Fall der Gökerstraße ist es die Geschichte von harter Arbeit, Fortschritt und der Geburt einer ganzen Stadt.
Unsere Studierenden haben noch zu weiteren Straßennamen in Wilhelmshaven recherchiert. Fortsetzung folgt.