Es geht um mehr als nur Infrastruktur – Fahrradverkehr in Wilhelmshaven

Von Ayla Emma Aşkın

aus dem Modul Journalistische Grundlagen 2

Die Critical Mass in Wilhelmshaven am Rathausplatz/Fotos: Ayla Emma Askin

Beim Stadtradeln im Mai 2025 in Wilhelmshaven wurden laut Stadt 331 Mängel gemeldet. Sie reichen von wuchernden Pflanzen bis hin zu unebenen Stellen. Aber wie steht es wirklich um die Infrastruktur für Radfahrende?

Auf dem Wilhelmshavener Rathausplatz stehen etwa 25 Menschen. Sie haben ihre Fahrräder dabei. Manche tragen eine gelbe Warnweste. Die Stimmung ist gut. Es ist angenehm warm und der Himmel ist leicht bedeckt. In der Mitte der Gruppe steht Bettina Pätzold. „Da heute Brückentag ist, werden wir über Brücken fahren“, erklärt sie den Anwesenden. Die Gruppe startet ihre Tour in Richtung Innenstadt. Bettina Pätzold fährt voran, die anderen hinterher, immer zu zweit nebeneinander.

Immer am letzten Freitag im Monat findet die Aktion „Critical Mass“ statt. „Critical Mass“ ist eine weltweite Bewegung mit dem Ziel, Fahrradfahren sichtbar zu machen. In Wilhelmshaven wird die „Critical Mass“vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Wilhelmshaven (ADFC) organisiert. Der ADFC hat das Ziel, Fahrradfahren mehr zu etablieren. Außerdem setzt er sich für eine Verbesserung der Fahrradinfrastruktur ein. In Wilhelmshaven hat der ADFC etwa 120 Mitglieder. Im Infoladen in der Schulstraße 14 gibt es die Möglichkeit, sich über das Fahrradfahren zu informieren. Außerdem finden dort regelmäßig Fahrradcodierungen statt.

Wenn der Radweg plötzlich endet

Der Radweg in der Bismarckstraße Höhe Rathaus
Der Radweg in der Bismarckstraße Höhe Rathaus/Foto: Ayla Emma Askin

Der Radweg auf der Bismarckstraße wird mit einer roten Markierung auf die Straße geleitet. Die Markierung endet plötzlich. Die rote Markierung soll dazu dienen, dass Radfahrende sicher auf die Straße wechseln können. „Es bleibt aber dabei, dass man plötzlich auf die Straße wechseln muss, wenn man sie vorher nicht benutzt hat“, erklärt Volker Hasenmüller. Hasenmüller war rund zehn Jahre lang Fahrradbeauftragter der Stadt Wilhelmshaven. Im April 2025 hat er seinen Rücktritt bekanntgegeben, da er einen Nachfolger gefunden hat. Wie sicher es ist, in Wilhelmshaven Fahrrad zu fahren, ist laut Hasenmüller abhängig davon, wo man fährt. „Damals wurden Radwege vor allem angelegt, um die Straßen freizuhalten“, erklärt Hasenmüller. Jedoch seien sie nicht dazu angelegt, sicher, gut und flüssig fahren zu können, so Hasenmüller. Ein Beispiel sei der Radweg an der Gökerstraße. „Da erlebe ich am helllichten Tag teilweise zwei bis drei lebensgefährliche Situationen“, sagt Hasenmüller.

die Straße wechseln können. „Es bleibt aber dabei, dass man plötzlich auf die Straße wechseln muss, wenn man sie vorher nicht benutzt hat“, erklärt Volker Hasenmüller. Hasenmüller war rund zehn Jahre lang Fahrradbeauftragter der Stadt Wilhelmshaven. Im April 2025 hat er seinen Rücktritt bekannt gegeben, da er einen Nachfolger gefunden hat. Wie sicher es ist, in Wilhelmshaven Fahrrad zu fahren, ist laut Hasenmüller abhängig davon, wo man fährt. „Damals wurden Radwege vor allem angelegt, um die Straßen freizuhalten“, erklärt Hasenmüller. Jedoch seien sie nicht dazu angelegt, sicher gut und flüssig fahren zu können, so Hasenmüller. Ein Beispiel sei der Radweg an der Gökerstraße. „Da erlebe ich am helllichten Tag teilweise zwei bis drei lebensgefährliche Situationen“, sagt Hasenmüller. Volker Hasenmüller, ehemaliger Fahrradbeauftragter der Stadt Wilhelmshaven/Foto: Ayla Emma Askin
Volker Hasenmüller, ehemaliger Fahrradbeauftragter der Stadt Wilhelmshaven

Wenn Geld dem Veränderungswillen gegenübersteht

„Es ist momentan sehr viel in Bewegung“, erklärt Bettina Pätzold. Sie ist Beisitzerin im Vorstand des ADFC Wilhelmshaven. Zu ihrem Engagement ist sie gekommen, weil sie schon immer gerne Fahrrad fährt. Die Stadt sei durchaus bemüht, die Situation des Fahrradverkehrs zu verbessern. Anregungen vom ADFC versuche die Stadt, so gut es geht, umzusetzen. „Wenn es scheitert, dann häufig aus Kapazitätsgründen“, erklärt Pätzold. Auf Anfrage teilt eine Sprecherin der Stadt mit, dass regulär 700 000 Euro jährlich für die Sanierung und den Neubau der Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung stehen. Zudem erhalte die Stadt regelmäßig Geld durch Förderprogramme. So konnten ab 2022 Maßnahmen in Höhe von 7,7 Millionen Euro aus Förderprogrammen von Bund und Land umgesetzt werden. In Zukunft sollen vor allem Maßnahmen aus dem neuen Radverkehrskonzept umgesetzt werden, das im März 2025 dem Rat der Stadt vorgestellt wurde.

Bettina Pätzold ist Beisitzerin im Vorstand des ADFC Wilhelmshaven
Bettina Pätzold ist Beisitzerin im Vorstand des ADFC Wilhelmshaven.

Pöbeleien und Hass sind keine Seltenheit

Die „Critical Mass“ fährt an der Emsstraße lang. Hinter ihr fahren langsam einige Autos. Plötzlich wird die Gruppe überholt. „Der darf hier eigentlich gar nicht überholen“, ruft Hasenmüller. Ein solches Verhalten ist laut Pätzold keine Seltenheit. In der Vergangenheit wurde sie schon häufiger angepöbelt oder mit zu geringem Abstand überholt. „Ich finde es sehr grenzwertig, dass teilweise der Tod eines Radfahrenden in Kauf genommen wird“, so Pätzold. Es brauche ein wertschätzendes Miteinander. Nicht nur auf den Straßen, auch in der digitalen Welt.

Weiter geht es über die Kaiser-Wilhelm-Brücke und die Jachmannbrücke zurück Richtung Rathausplatz. Auf der Gökerstraße erweckt die Gruppe die Aufmerksamkeit eines Restaurant-Besitzers. Fahrradfahren ins Bewusstsein zu rücken, ist ein Ziel der „Critical Mass“. „Wir wollen erreichen, dass man ein Gefühl bekommt, wie gut man eigentlich auf der Straße fahren kann“, sagt Hasenmüller. Wieder angekommen am Rathausplatz. Es sind dunkle Wolken aufgezogen. „Danke, dass ihr alle da wart. Wir sehen uns nächsten Monat wieder“, verabschiedet sich Pätzold. 

Dieser Beitrag ist im Sommersemester 2025 im Rahmen des Moduls Journalistische Grundlagen 2 entstanden. Die Rechercheergebnisse entsprechen demnach diesem Stand. Die Studierenden haben in dieser Lehrveranstaltung weitere Beiträge zu Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Wilhelmshaven und der Region produziert, die wir hier nach und nach veröffentlichen.