von Muriel Breisch und Felix Strickmann
aus dem Modul "Schwerpunkt Journalismus: EUfactcheck"
Der Beitrag ist im Rahmen des EUfactchecks entstanden, und ist ein Projekt der European Journalism Training Association (EJTA). Studierende und Lehrende sind hierbei Teil eines internationalen Netzwerks von Journalismus-Hochschulen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, mit verantwortungsbewusster Recherche nach gemeinsamen Regeln gegen Desinformation vorzugehen. Bitte beachten Sie, dass der Stand der Recherche zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im November 2023 liegt, wodurch Informationen veraltet sein könnten. Hier können Sie auch einen kommentierenden Beitrag mit Schiedsrichter Jeromé Jeczyk lesen, der über seine persönlichen Erfahrungen mit Diskriminierung bei Fußballspielen berichtet.
Am 29. August 2023 veröffentlichte die Online-Zeitung „Welt“ einen Artikel mit der Überschrift „Spielabbrüche im Amateurfußball – DFB nennt schockierende Zahlen“. In dem Artikel wird behauptet, dass in der vergangenen Saison 2022/23 961 Spiele im Amateurfußball wegen Gewalt und Diskriminierung abgesagt wurden. Die Behauptung gilt als: Größtenteils wahr.
Spielabbrüche so hoch wie noch nie zuvor
In dem Artikel heißt es, dass in der vergangenen Saison 961 Amateurfußballspiele aufgrund von Gewalt und Diskriminierung abgebrochen werden mussten. Die wichtigste Quelle für diese Aussage ist der jährliche Lagebericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Seit 2014/15 veröffentlicht der DFB Lageberichte, die die Zahl der Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle im Amateurfußball aufzeigen. Die Zahlen für die jährlichen Lageberichte des DFBs stammen aus den Online-Spielberichten, die nach dem Spiel von den jeweiligen Schiedsrichtern im DFBnet ausgefüllt werden. Am Ende der Saison werden die Zahlen im Situationsbericht präsentiert. „Wir entnehmen den überwiegenden Teil der gemeldeten Vorfälle bei Fußballspielen den Schiedsrichterberichten. Natürlich kommt es auch vor, dass wir Meldungen von Zuschauern oder von unseren Konfliktlotsen oder Spielbeobachtern, die bei den Spielen unterwegs sind, erhalten“, sagt ein Sprecher eines der DFB-Landesverbände.
Wie aus den aufgeführten Grafiken hervorgeht, ist zwischen den Jahren 2021/22 und 2022/2023 ein leichter Anstieg der Gewalttaten und Diskriminierungsvorfälle zu verzeichnen. In beiden Fällen sind die Zahlen in den Jahren 2022/2023 nicht so hoch wie in den Jahren 2014 – 2019, haben aber im Vergleich zum letzten Jahr immer noch zugenommen. Die niedrige Zahl der Vorfälle in den Saisons 2019/2020 und 2020/2021 könnte jedoch durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie erklärt werden. Dies würde auch die niedrige Zahl der Vorfälle in der Saison 2020/2021 erklären. Die Behauptung, dass der Trend gestoppt ist, die Zahlen aber auf hohem Niveau stagnieren, kann daher als weitgehend zutreffend eingestuft werden. Aufgrund der Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen sind die Zahlen jedoch nicht aussagekräftig genug, um sie als wahr einzustufen.
Sichtbare Veränderungen
Fazit
Die Behauptung der „Welt“, dass in der vergangenen Saison 961 Spiele im Amateurfußball aufgrund von Gewalt und Diskriminierung abgesagt wurden, kann als überwiegend wahr eingestuft werden. Allerdings wurde die Dunkelziffer von 194.503 Spielen nicht berücksichtigt, was zu einer Verzerrung der im Artikel genannten Zahlen führt. Die Behauptung, der Trend sei gestoppt und die Zahlen stagnierten auf hohem Niveau, kann ebenfalls als überwiegend zutreffend eingestuft werden. Aufgrund der fehlenden Spielberichte und der Auswirkungen der Corona-Pandemie kann hier keine genaue Aussage, wie z. B. wahr oder falsch, getroffen werden. Daher kann der Artikel „Spielabbrüche im Amateurfußball – DFB nennt schockierende Zahlen“ aus dem Online-Magazin „Welt“ als überwiegend zutreffend eingestuft werden.