von Joanne Mott und Carina Stadelmann
aus dem Modul "Journalistische Grundlagen 2"
Noch immer muss Deutschland viel in Sachen Inklusion tun. Ein Wassersportverband in Wilhelmshaven hat sich dieser Herausforderung gestellt.
Vom Stand-Up-Paddling bis zum Segeln – Wassersport ist in Wilhelmshaven fest verankert. Was vielen jedoch nicht bekannt ist, sind die bedeutsamen Fortschritte, die in Wilhelmshaven im Bereich des inklusiven Wassersports gemacht wurden. Doch welchen Herausforderungen sehen sich die Verbandsmitglieder gegenübergestellt und ist der Gedanke der Inklusion in unserer Gesellschaft überhaupt schon angekommen?
Der Weg zum inklusiven Wassersport
Es ist ein warmer Sommertag. Auf der Wiese am See tummeln sich Menschen, einige von ihnen im Gespräch vertieft. Eine Rollstuhlfahrerin gleitet auf einem Stand-Up-Paddle-Board über das Wasser. Etwas weiter entfernt segeln einige Menschen gemeinsam auf einem ungewöhnlich aussehenden Segelboot.
Szenen, wie diese, waren bis vor Kurzem noch keine Realität. Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen blieben in Wilhelmshaven beim Wassersport außen vor. Dies änderte sich schließlich mit der Gründung des inklusiven Wassersportzentrums durch die Wilhelmshavener Ortsgruppe des Verbands NaturFreunde. Vorangetrieben hat dieses Projekt Heinz Ehlers, der derzeitige Referent für Inklusion des Deutschen Kanuverbands. Nachdem er vor einigen Jahren einen Lehrgang in Amerika besucht hatte, wuchs der Wunsch den inklusiven Wassersport auch nach Wilhelmshaven zu bringen. Mit tatkräftiger Unterstützung gelang es ihm schließlich im Jahr 2021 das inklusive Wassersportzentrum zu eröffnen. Derzeit bieten die NaturFeunde Kajak, Segeln und Stand- Up-Paddling am Banter See an.
Was bedeutet Inklusion im Wassersport?
Aber was bedeutet Inklusion im Wassersport eigentlich? Für Heinz Ehlers steht fest: „Inklusion im Wassersport bedeutet, dass jeder daran teilnehmen kann und niemand ausgeschlossen wird. Jeder soll nach seinen Möglichkeiten den Sport ausüben, für den er brennt.“ Dabei gilt Inklusion nicht nur für geistige und körperliche Behinderungen, sondern auch für Menschen, die an Krankheiten leiden oder ältere Menschen, die nicht mehr wie früher den Sport ausüben können.
Herausforderungen und Skepsis
Der inklusive Sport hat in der Gesellschaft jedoch noch nicht vollständig Fuß gefasst. So merkt Ehlers an: „Am Anfang wurde das Projekt mit Skepsis beäugt und diese Skepsis ist noch immer da.“ Seit der Inkraftsetzung der Behindertenrechtskonvention in Deutschland im Jahr 2009, die die Inklusion zum Ziel hat, wurden in diese Richtung zwar viele Fortschritte gemacht, aber es stellt sich dennoch die Frage, ob noch mehr getan werden könnte. Laut den Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) geben immer noch 55 Prozent der Menschen mit Beeinträchtigungen an, keinen Sport zu treiben. Im Vergleich dazu sind es bei Menschen ohne Beeinträchtigungen 32 Prozent. Ein Mangel an barrierefreien Sporteinrichtungen sind dabei laut dem Deutschen Behindertensportverband e. V. ein entscheidender Faktor, der es Menschen mit Behinderungen erschwert, am Sport teilzunehmen.
Barrierefreie Lösungen und Sicherheit im inklusiven Sport
Das inklusive Wassersportzentrum hat sich diesem Problem angenommen. So wurde für Rollstuhlfahrer ein Schwimmsteg errichtet. Dieser ermöglicht ihnen einen barrierefreien Zugang zum Wasser. Zudem stehen spezielle Wasserfahrzeuge zur Verfügung. Dazu zählen Sit-on-Top Kajaks, ein spezieller Inklusionssegler und ein Stand-Up-Paddle-Board mit Seitenausleger, durch den es möglich ist, mit einem Rollstuhl am Wassersport teilzunehmen. Ehlers erzählt: „Für Wassersportgeräte gibt es viele Adaptionen aus Amerika, die es in Deutschland überhaupt nicht gibt.“ Aus diesem Grund hat das inklusive Wassersportzentrum einige ihrer Hilfsmittel selbst gebaut.
Sicherheit ist im Sport und bei der Zusammenarbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen besonders wichtig. „Ohne Sicherheit geht es gar nicht. Wir haben ein Sicherheitskonzept, das wir für jeden Einzelnen erstellen“, erklärt Ehlers. Teil dieses Konzepts ist eine Notfallkarte, in der nachgeschaut werden kann, was für eine Krankheit eine betreffende Person hat, worauf man bei ihr besonders achten muss, und den man im Notfall anrufen kann.
Förderung des inklusiven Wassersports
Um den inklusiven Wassersport zu fördern, greift das inklusive Wassersportzentrum zu unterschiedlichen Mitteln. Ehlers sagt: „Wir arbeiten mit der Ostfriesland und Wilhelmshaven Touristik zusammen. Im Sommer kommen viele Leute an, die aufgrund unserer Kooperation mit den Touristikern den inklusiven Wassersport erleben möchten.“ Dabei besteht die Hoffnung, dass Teilnehmer durch ihre gewonnenen Erfahrungen dazu angespornt werden, den inklusiven Wassersport auch in ihren Heimatort hineinzubringen. Mit demselben Gedanken bietet das Wassersportzentrum auch Traineraus- und Weiterbildungsmöglichkeiten an, die sich an Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet richten.
Blick in die Zukunft
Für die Zukunft hofft Ehlers, das Verständnis für Inklusion noch mehr in die Gesellschaft und verschiedene Organisationen hineinzubringen. Im Sinne dessen sieht Heinz Ehlers es als besonders wichtig, „dass man nicht nur die Behinderung sieht, sondern den Menschen, der sich hinter dieser Einschränkung verbirgt“.