Der Preis des Plastikmülls

von Jule Klattenberg

Thema: Kreislaufwirtschaft

Seit Beginn dieses Jahres zahlen EU-Mitgliedstaaten eine so genannte „Plastikabgabe“ für nicht recycelten Kunststoffverpackungsabfall. 80 Cent werden nun pro Kilogramm dieses Abfalls an die EU gezahlt – für Deutschland beläuft sich dies laut Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) aktuell auf eine Summe von etwa 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.

Dieser hohe Betrag kommt zustande, da hierzulande rund 1,7 Millionen Tonnen Plastikmüll jährlich nicht recycelt werden. Stattdessen wird der Müll entweder thermisch verwertet, also verbrannt und die daraus gewonnene Energie genutzt, oder zu kleinen Teilen auch in Deponien vor Ort gelagert. Grund für diese neu eingeführte Abgabe ist laut EU ein erwünschter positiver Effekt auf die Kreislaufwirtschaft. In diesem Zuge soll ein Ausbau im Bereich des Recyclings stattfinden. Außerdem soll eine generelle Verringerung des Verbrauchs von Einwegkunststoffen erzielt werden.

Im Umweltgutachten von 2020 wurde vom SRU bereits ausgeführt, welche Themen künftig im Fokus stehen sollten: nämlich eine Verringerung der eingesetzten Kunststoffmengen, eine Erhöhung der Langlebigkeit von neuen Produkten sowie eine kreislaufgerechte Gestaltung dieser.
 Der SRU rät dazu, die Einführung dieser Zahlung für Plastikmüll grundlegend dafür zu nutzen, sich stärker mit den strukturellen Problemen der Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen in Deutschland auseinanderzusetzen. Denn die aktuell sehr hohe Menge an Kunststoffabfällen soll letztendlich deutlich gesenkt werden können.
 
 Doch nicht nur in materieller Hinsicht ist der Preis des Plastikmülls enorm hoch. Denn die meisten Kunststoffe, mit denen gearbeitet wird, haben eine sehr schlechte Klimabilanz. Sie werden zu einem großen Teil aus fossilen Rohstoffen mit fossilen Energiequellen hergestellt. Außerdem werden viele Kunststoffe am Ende des meist kurzen Lebenszyklus verbrannt. Dieses Vorgehen ist mit einer angestrebten Kreislaufwirtschaft nicht vereinbar.
 Weitere akute Probleme in dem Bereich der Müllentsorgung sind beispielsweise das „Littering“, also die inkorrekte Mülltrennung und das Wegwerfen von Müll in die Umgebung, die starke Meeresverschmutzung sowie das inzwischen beinahe überall vorhandene Mikroplastik.

Recycelte Materialien zu fördern wäre laut SRU eine wichtige Maßnahme für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit. Wiederverwendete Kunststoffe müssten mit Stoffen aus erster Gewinnung mithalten können. Hindernisse für Produkte aus Recyclingprozessen müssten dafür bestenfalls beseitigt werden. Helfen könnte dabei nach Meinung des Umweltrates eine Abschaffung der noch bestehenden Förderungshilfen. Denn dann müssten Unternehmen, die beispielsweise Erdöl als Rohstoff für ihre Kunststoffe nutzen, Energiesteuern zahlen – das tun sie bisher nicht. Fossile Rohstoffe zur Herstellung von Kunststoffen zu nutzen, sollte laut Umweltrat bestenfalls sogar zusätzlich besteuert werden, um Unternehmen das Recycling näherzulegen. Wichtig wären ebenfalls einheitliche Qualitätsrichtlinien für Recyclingprodukte. Dies soll einerseits die Nachfrage erhöhen und andererseits dazu führen, dass allgemeinen qualitativen Anforderungen entsprochen wird. Dadurch soll ermöglicht werden, dass zum Beispiel recyceltes Verpackungsmaterial mit Lebensmitteln in Kontakt kommen darf.

Wie sehr der Verbrauch kurzlebiger Verpackungskunststoffe gestiegen ist, zeigen Zahlen des SRU. Denn 2018 war dieser mit 39 Kilogramm im Vergleich zu 1991 mit 20,5 Kilogramm schon fast doppelt so hoch. Der Anteil werkstofflicher Verwertung ist zwar schon von 42 Prozent in 2009 auf 46,4 Prozent in 2019 gestiegen, allerdings verlief dieser Anstieg auch über ein ganzes Jahrzehnt. Des Weiteren war der Anteil recycelter Stoffe in neuen Kunststoffprodukten selbst im Jahr 2019 mit 13,7 Prozent noch immer sehr niedrig.

Es fehlen laut SRU bindende Bedingungen, die zum Beispiel den Einsatz recycelter Materialien fordern oder eine Recyclingfähigkeit voraussetzen. Diese Tatsache erschwert zusätzlich eine Verringerung von Kunststoffeinsätzen und damit einhergehenden Abfällen.

{Photo by Jule Klattenberg}

Bis zum Jahr 2045 will Deutschland klimaneutral werden.
Wichtig auf dem Weg dahin wird es deshalb vor allem sein, mehr Materialien wiederzuverwenden. Für die Herstellung neuer Produkte wird ein möglichst langlebiges Design essentiell sein. Des Weiteren wird generell ein geringerer Konsum von Produkten mit Plastikanteil angestrebt. Ein für Unternehmen verpflichtendes Mindestangebot an Mehrweg-Produkten wäre nach Einschätzung des Umweltrates ebenfalls ein denkbarer Ansatz, um innovative Lösungen effektiv zu fördern. Insbesondere nötig sei dies in den Bereichen Lebensmittel, Kosmetik und Putzmittel.Ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung stellt für das Verpackungsgesetz schon eine Mehrwegpflicht für To-go-Verpackungen in Aussicht. Außerdem ist eine Erweiterung der Pfandpflicht für Einweg-Getränkeflaschen aus Kunststoff geplant. All dies sind weitere wichtige Schritte auf dem Weg in eine Welt ohne Unmengen an Plastikmüll. Eine optimierte Kreislauffähigkeit sollte immer das Ziel sein.

Der künftige Umgang mit Kunststoffen sollte und müsste sich demnach hauptsächlich an den Anforderungen einer treibhausgasneutralen Kreislaufwirtschaft orientieren – gerade im Hinblick auf eine klimaneutralere Zukunft. Diese stellt das höchste Ziel im Kampf gegen die Umweltverschmutzung durch Kunststoffabfälle dar.

Folglich sollten die EU-Mitgliedstaaten also bestrebt sein, den Preis, der an die EU gezahlt werden muss, in Summe möglichst gering zu halten – damit auch der Preis, den die Umwelt für den Plastikmüll zahlt, möglichst gering ausfallen kann.

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