Nützliches Wortungetüm: Umweltinformationsgesetz hilft Journalist_innen bei der Recherche

von Zoe Goslar

Der Umwelt- und Klimaschutz gehört für die Deutschen zu den fünf wichtigsten Themen. Eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2022 zeigt: Für 57 Prozent der Befragten ist dieses Thema sehr wichtig, auch wenn sich die Prioritäten angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine etwas verschoben haben.

Auch der Fall der Gasbohrungen des niederländischen Konzerns One-Dyas in der Nordsee steht für die hohe Bedeutung von Umweltfragen: Die Gasbohrungen zielen auf ein Erdgasfeld von der deutsch-niederländischen Grenze bis vor die Nordseeinsel Borkum ab. Unveröffentlichte Gutachten des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), die von der Umweltorganisation Greenpeace entdeckt wurden, brachten neue Erkenntnisse zum deutschen Genehmigungsverfahren. Doch wie kam Greenpeace an diese Gutachten?

WATTMITMEDIEN hat eine Vortragsveranstaltung der Agentur Zwanzig50 und des Berufsverbands freier Journalist_innen Freischreiber zum Thema Recherche im Bereich Klima und nachhaltige Entwicklung besucht. Dabei berichtete Dr. Manfred Redelfs, Leiter der Forschungsabteilung von Greenpeace, dass er bei seinen Recherchen zu Gasbohrungen auf eine vom NLWKN in Auftrag gegebene Tauchuntersuchung in niedersächsischen Küstengewässern gestoßen sei. Die Ergebnisse, die auf schützenswerte Tier- und Pflanzenarten im Bereich der Gasbohrungen hinwiesen, seien jedoch nicht veröffentlicht worden. Da es sich um umweltrelevante Unterlagen handelt, müssen diese öffentlich zugänglich sein. Die Unterlagen konnten daher unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz angefordert werden und wurden daraufhin veröffentlicht.

Der Zugang zu umweltrelevanten Informationen ist besonders wichtig, wie am Verfahren zu den Gasbohrungen vor Borkum deutlich wird. Das Umweltinformationsgesetz (UIG) stellt dabei eine wichtige Grundlage dar, um Fakten zu erhalten und Umweltthemen zu recherchieren. Doch was genau ist das UIG und wie unterstützt es Journalistinnen und Journalisten?

Die Bedeutung des Umweltinformationsgesetzes

Das UIG garantiert, dass alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu Umweltinformationen haben. Dahinter steht der einfache Grundsatz: Je transparenter und verlässlicher der Zugang zu Informationen ist, desto besser sind die Bürgerinnen und Bürger informiert. Jeder kann also öffentliche Dokumente einsehen, die einen Bezug zur Umwelt haben. Dazu gehören nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMUV) Daten über den Zustand von Luft, Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürlichen Lebensräumen sowie Informationen über Lärm, Energie, Stoffe oder Strahlung. Aber auch über Pläne und Programme, die sich auf die Umwelt auswirken oder auswirken können, über den Vollzug des Umweltrechts oder über Kosten-Nutzen-Analysen von Umweltvorhaben.

Journalistische Relevanz des UIG: Informationsbeschaffung und Recherche

Für eine gute Berichterstattung benötigen Journalisten zuverlässige Informationen. Das UIG gewährt ihnen Zugang zu Umweltinformationen von Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen. Diese Umweltinformationen müssen aber bereits bei den Behörden vorhanden sein, wie im Fall der Gutachten zu den Gasbohrungen vor Borkum. Erst dann können sie angefordert und zugänglich gemacht werden. Dies kann durch telefonische Nachfrage bei den zuständigen Behörden oder durch einen schriftlichen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen geschehen. Ein Musterantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland sieht beispielsweise so aus, wie das nebenstehende Dokument. Nach Eingang des Antrags gilt eine Frist von einem Monat, die bei komplexen Informationen auf zwei Monate ausgedehnt werden kann.

Herausforderungen des UIGs

Neben den Vorteilen bringt das UIG auch Herausforderungen mit sich. Dazu gehört der Umgang mit bürokratischen Hürden oder möglichen Widerständen. Das UIG unterscheidet nämlich zwischen zwei Arten von Umweltinformationen auf Bundes- und auf Landesebene. Jedes Bundesland hat seine eigenen Regelungen zum UIG, sodass für informationspflichtige Stellen die dortigen Regelungen zu beachten sind. Einen Überblick über die einzelnen Regelungen der Bundesländer bietet insbesondere die Webseite zum Umweltinformationsrecht des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen. Für amtliche Informationen der Bundesbehörden gilt das allgemeine Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Außerdem können bei entsprechendem Verwaltungsaufwand Gebühren für die beantragte Information erhoben werden, die laut Gesetz aber angemessen sein müssen. Der Zugang zu Informationen kann auch verweigert werden, wenn Gerichtsverfahren anhängig sind oder Informationen zum Schutz Dritter unvollständig herausgegeben werden.

Kampf ums Wasser: Wie das UIG in die Berichterstattung einfließt

Bei einer Recherche der Redaktion Correctiv zu den größten Wassernutzern in Deutschland wurden die Behörden aller 16 Bundesländer um eine Liste der größten Grundwassernutzer gebeten. Die Correctiv-Journalistin Annika Joeres berichtete auf der Veranstaltung, dass einige Bundesländer die Herausgabe der Informationen zu den größten Wassernutzern aus Datenschutzgründen verweigerten. Die Transparenz des industriellen Wasserverbrauchs sei im Vergleich zum Energieverbrauch gering und gerade Branchen, die nicht offensichtlich als wasserintensiv gelten, pumpten enorme Mengen Wasser aus Flüssen und Grundwasser. Insgesamt zeigen die Recherchen von Correctiv, dass der industrielle Wasserverbrauch in Deutschland kaum reguliert oder diskutiert wird, obwohl die Wasserknappheit in einigen Regionen des Landes zunimmt. Annika Joeres ermunterte daher auch dazu, im Lokaljournalismus weiter zum Thema Wasserverbrauch von Unternehmen auf regionaler Ebene zu recherchieren. Das UIG kann dabei unterstützen, an Informationen zu gelangen, die bei der Recherche von Umweltthemen helfen und auf Missstände aufmerksam machen können.

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